Modernisierung und Instandhaltung

Der Immobilien- und Wohnungsmarkt in Frankfurt am Main steht vor einem Dilemma: Auf der einen Seite sind CO2-Äquivalent-Einsparungen im Gebäudesektor dringend nötig – formal mit Blick auf den Klimaschutzplan 2050 der Bundesregierung, aber sicherlich auch hinsichtlich der zunehmend spürbaren Folgen des Klimawandels. Auf der anderen Seite steigen Mietpreise für Wohnungen und somit die Mietkostenbelastung – also der Anteil des Einkommens, der für Miete gezahlt wird – ohnehin stetig an. Modernisierungskosten können nach § 559 BGB zum Teil auf die Miete umgelegt werden. Energetische Sanierungen können somit den Mietenanstieg befeuern. Infolgedessen scheint das Image von energetischer Sanierung bei Mieter:innen negativ behaftet. Dabei wird vielfach erkannt, dass das eigentliche Problem die damit einhergehenden Mieterhöhungen und potentielle Verdrängung sind.

Auch wenn Modernisierungskosten nur innerhalb des gesetzlichen Spielraums auf die Miete umgelegt werden, können energetische Modernisierungen eine erhebliche Mietsteigerung bewirken. Oftmals können sich Menschen die Mieterhöhungen nicht mehr leisten und müssen umziehen. Günstige Wohnungen sind aber rar, daher droht nicht selten eine Verdrängung in die günstigen Stadtrandlagen – was den Verlust sozialer Beziehungen im ehemaligen Quartier bedeutet. Bei den leer gewordenen Wohnungen können noch teurere Mieten verlangt werden und bei umfassend sanierten Wohnungen gilt sogar nicht einmal mehr die Mietpreisbremse. Die erhöhten Mieten (bei Bestands- und Neuverträgen) fließen in den Mietspiegel ein und führen langfristig zu einer Erhöhung des Mietenniveaus in der Stadt. So wird eine Preissteigerungsspirale in Gang gesetzt.

Wenn Vermieter:innen Modernisierungen mit Augenmaß durchführen und die Mieter:innen  partizipieren lassen, können Klima- und Mieterschutz zusammen gedacht werden.

Im Folgenden sollen einige Punkte aufzeigt werden, wie Vermieter:innen eine energetische Sanierung sozialverträglich umsetzen können:

Welche Fragen müssen bei einer energetischen Modernisierungsmaßnahme im Idealfall geklärt werden, damit Klima und Mieter:innen gleichermaßen profitieren?

Vor Sanierung:

Werden Mieter:innen bei der Planung der Maßnahmen frühzeitig eingebunden? 
  • Im Sinne der Mieter:innen sollte bereits im Vorfeld – auch über die energetische Sanierung hinaus – abgewogen werden, welche konkreten Maßnahmen zweckmäßig sind: Unterschieden werden kann etwa zwischen sinnvollen Modernisierungen (da bspw. energiekostensenkend) und Luxus-Modernisierung (bspw.  Einbau einer Badewanne mit Whirlpoolfunktion).

Mieter:innen sollten eingeladen werden, Wünsche und konkrete Vorschlägen etc. zu äußern. Diese Äußerungen sollten ernst genommen und geprüft werden, den die Bewohner:innen haben das Haus im Blick.. Vielleicht kann im Zuge einer energetischen Sanierung auch die Trittschalldämmung verbessert werden? Oder die Anbringung neuer Balkone wird – anders als von Vermietenden angenommen – von den Mietenden mehrheitlich gar nicht gewünscht. Lässt sich ein Wunsch nicht umsetzen, sollte den Mieter:innen erläutert werden, warum dies nicht möglich ist.

Gelungener Start mit guter Modernisierungsankündigung

  • Die Mieter:innen sollten aufgeklärt werden über Art und Umfang sowie voraussichtliche Dauer der Maßnahme.
  • Bei der Aufstellung der Einzelmaßnahmen soll zwischen Instandsetzungs- und Modernisierungskosten getrennt und dies nachvollziehbar erläutert werden.
  • Die prognostizierte energetische Einsparung soll nachvollziehbar dargelegt werden.
  • Anzukündigen ist, ob Kosten auf die Miete umgelegt werden sollen. Wenn ja, muss über die zu erwartende Mieterhöhung aufgeklärt werden. Dabei kann zugleich deutlich gemacht werden, welchen konkreten Mehrwert die Neuerungen für die Mieter:innen haben, insbesondere welche Nebenkostensenkung zu erwarten sind. Es sollte angeboten werden, dass im Falle von finanziellen Problemen einzelner Mieter:innen Gespräche möglich sind, um individuelle Lösungen zu finden. Hier kann das Amt für Wohnungswesen bspw. Informationen zum Wohngeld zur Verfügung stellen.
  • In Briefen und Gesprächen sollte eine verständliche Sprache genutzt und nachvollziehbar kommuniziert werden. Für genauere Erläuterungen kann hilfsweise auch auf die mietrechtlichen Beratungsstellen des Amtes für Wohnungswesen, der Mieterschutzvereine und Gewerkschaften verwiesen werden. Notwendigkeiten von Übersetzungen sind zu klären. Ein Vor-Ort-Termin zur Vorstellung der Pläne kann genutzt werden, um offene Fragen zu klären.
  • Welche Hilfsangebote gibt es und an wen können sich Mieter:innen mit Fragen wenden?
  • Im Vorfeld sollte geklärt werden, wer für die Mieter:innen für welche Fragen zuständig ist. Mindestens sollte eine Ansprechperson benannt werden, die für die Mieter:innen während der gesamten Dauer der Maßnahme erreichbar ist.
  • Die Art der Informationsmitteilung sollte besprochen werden: Werden Informationen per Aushang, Brief, Anruf oder E-Mail bekannt gegeben?
  • Gesundheitlich beeinträchtigten Personen sollte angeboten werden, eine geeignete Ersatzunterbringung in möglichst nächster Nähe zu beziehen – auch in Fällen, in denen dafür nicht zwingend eine Notwendigkeit besteht. Dabei soll deutlich werden, dass eine Rückkehr in die alte Wohnung selbstverständlich garantiert ist.

Während Sanierung: 

Wie werden Mieter:innen vor eventuellen Beeinträchtigungen während der Maßnahmen geschützt? Was wird unternommen, wenn Beeinträchtigungen vorliegen? 

  • Die Beeinträchtigungen während der Baumaßnahmen sollten so gering wie möglich gehalten werden. Bspw. ist das Außengerüst erst zu dem Zeitpunkt aufzustellen, zu dem es auch benötigt wird; wenn zusätzlich eine Verhüllung des Außengerüstes erforderlich ist, sollten die Arbeiten zügig und in einem Stück erledigt werden; Staub und bauliche Hindernisse im Treppenhaus und in Durchgängen sollten täglich entfernt werden.
  • Wenn die übliche Nutzung der Wohnung nicht gewährleistet werden kann, sollten die Mieter:innen rechtzeitig informiert werden (z.B. vorübergehendes Abstellen von Wasser, Heizung) und bei längeren Ausfällen Abhilfe geschaffen werden (z.B. Bereitstellen mobiler Heizgeräte unter Nutzung von Zwischenzählern für den zusätzlich aufgewendeten Strom).
  • Die gesamte Baumaßnahme sollte zügig durchgeführt werden, um die Beeinträchtigungen so gering wie möglich zu halten. Darauf ist bereits bei der Planung zu achten und die Gewerke sind aufeinander abzustimmen. Treten Verzögerungen auf, sollten diese den Mieter:innen mitgeteilt werden.
  • Wenn entsprechende Beeinträchtigungen angenommen werden oder gemeldet werden, sollte den Mieter:innen eine Mietminderung – auch für Fälle, in denen die rechtlich bestehende Verpflichtung nach § 536 Abs. 1a BGB nicht greift – proaktiv gewährt werden.

Nach Sanierung:

Wenn nach Abschluss der Baumaßnahmen die Abrechnungen vorliegen, wie lassen sich Mieterhöhungen dann konkret sozialverträglich gestalten?

  • Nach Abschluss der Arbeiten sollten die Teilmaßnahmen nochmals geprüft werden, ob sie als Instandhaltung oder als Modernisierung anzusehen sind.
  • Es sollte geprüft werden, ob Mieterhöhungen warmkostenneutral erfolgen können. Das heißt, die Kaltmieten steigen in der Höhe, um die die bislang von den Mieter:innen gezahlten Nebenkosten (Wasser, Strom, Gas/Öl, etc.) aufgrund der energetischen Verbesserungen durchschnittlich sinken.

Davon unabhängig sollte generell darauf geachtet werden, dass bei Mieterhöhungen die individuelle Wohnkostenbelastung der Mietshaushalte so kalkuliert ist, dass

  • Resteinkommen nach Mietzahlung 20 bis 50 Prozent über den Regelsätzen der Sozialgesetzgebung liegen.
  • Nicht zuletzt sollten alle Mietparteien darüber informiert werden, wie sie die neuen Möglichkeiten der Energieeinsparung in ihrer Wohnung am besten anwenden (Heiz- und Lüftverhalten etc.)

Ein Energiemonitoring nach Abschluss umfangreicher energetischer Maßnahmen dient im Idealfall zum Zwecke der Nachvollziehbarkeit.